Mehren liegt im Mehrbachtal, einem romantischen und sagenumwobenen Seitental der Wied.
An der Quelle des Mehrbaches, etwa am Fuße des Berges Mönchskopf, ist die Sage vom Geldborn entstanden und an der Mündung die von den drei Ritterbuben auf der Burg Ehrenstein. Auch das Herzstück des Tales, das Dorf Mehren, hat seine Sage, wie nachher noch zu lesen sein wird. Mehren! Mihr sagt man mundartlich, und allgemein heißt die Gegend dort än de Mihr, man sagt aber auch äm Mihedschen“. Hinsichtlich der Lage des Dorfes sprechen die Nicht-Mihedscher mit einem Ouäntchen Bosheit gerne vom ,,Mihedscher Loch“.
Der Mehrbach, der bei der Ruine und dem Kloster Ehrenstein in die Wied mündet, ist die Mihr. Dorf und Bach haben im Dialekt gleiche Namen. Seit wann das so ist, weiß man nicht. 1265 nannte sich das heutige Mehren ,,Mirne“, 1274 Merne“, 1359 „Merin“ 1430 „ Meirren“ und gegen Ende des 15. Jahrhunderts „Miern“.
Auf den beiden historischen Landkarten in „Westerwald im Bild“ ist auf der einen ein Ort mit ,,Myrl“ und auf der anderen der gleiche Ort mit ,,Mir!“ bezeichnet. Ohne Zweifel ist mit beiden Ortsnamen das Dorf Mehren gemeint.
Die geographischen Genauigkeiten lassen zu wünschen übrig, denn Myr! und Mir! liegen mit Mihr nicht auf einem Breitengrad, verglichen mit neueren Landkarten. Das darf man nun nicht so haargenau nehmen, weil die Kartographen damals noch nicht so firm waren wie heutzutage. Sie lassen auf denselben Landkarten ja auch die ,,Weed“ (Wied) unweit Dierdorf entspringen.
Orts- und Flussnamen hat es bekanntlich von jeher seine eigene Bewandtnis gehabt., haben sich immer wieder verändert. Schaut man vom ,,Wolfshahn“ – Flurname am Rande der Gemarkung Weyerbusch – über „Föschmihr“ (=Forstmehren) hinaus ins Mehrbachtal, sieht man in der Ferne zwischen Bäumen und Häusern das Mihedscher Wahrzeichen, den Kirchturm, hervorragen. Der Anblick, für einen Landschaftsmaler oder Fotografen ein lohnendes Objekt, lässt irgendwie was Geheimnisvolles „än dem Mihedscher Loch“ vermuten.
Der Ortskern, mit gepflegten Fachwerkhäusern, gruppiert sich um das altehrwürdige Gotteshaus. Abgesehen von etlichen Gebäuden neuerer Bauart, könnte man sich in frühere Jahrhunderte zurückversetzt fühlen und in Versuchung geraten, Träumereien nachzuhängen. Einstmals hat in Mehren eine Burg gestanden. Nun darf man sich darunter nicht wer weiß was für einen Palast mit Burgfräuleins, Spießknechten, Zinnen, Türmen und dergleichen vorstellen.
Mehrener Keramik
Hier in Mehren gefundene Westerwälder Keramik: Krüge und Kannen aus grauem Steingut, verziert durch eine blaue Salzglasur.
Königliches Wappen
Tonscherbe mit dem Wappen König Georgs II. von Großbritannien und Kurfürst von Hannover
1767 zählte man in Mehren, wozu die Ortsteile Acker, Adorf, Hardtmühle und Seifen gehören, insgesamt 29 Haushalte. Eine Statistik aus dem Jahre 1821 weist das Vermögen der Gemeinde aus. Es heißt da u. a. 51 Morgen und 103 Ruthen Wald, 1 Brücke (wahrscheinlich über den Mehrbach), 2 Ortstafeln, 3 Feuerleitern, 3 Feuerhaken, 1 Wachthorn, 1 einstöckiges Backhaus (Backes) und mit der Gemeinde Ziegenhain gemeinschaftlich 453 Morgen und 100 Ruthen Wald. Die in Mehren stationierte Feuerspritze war Eigentum des Kirchspiels. Das bezeugt nachstehender Wortlaut:
Das ich als Spritzenmeister die Mehrkirchspiels Feuerspritze in Verwahrung habe, wird hiermit von mir attestiert. Mehren den 6. März 1821 Anton Bay“.
Die Mehrener Schule war zu dieser Zeit in einem zweistöckigen Hause untergebracht. An Räumen waren vorhanden: 1 Wohnstube mit 3 Fenstern und einem runden Stubenofen, 1 Schulstube mit 6 Fenstern und einem Stubenofen mit Windröhren, 2 Kammern, eine mit einem Fenster und eine mit zwei Fenstern versehen. 1 Küche und 1 Keller. Dann noch 1 Schweinestall am selben Gebäude“. Zur Schule gehörten noch eine Scheuer mit Stall und Heuboden, 24 Ruthen Garten, 2 Morgen 82 Ruthen Ackerland und 1 Morgen 125 Ruthen Wiese.
1837 standen außer der Kirche, der Schule und dem Pfarrhaus 35 Wohnhäuser und ebensoviel Ställe, Schuppen und Scheunen im Dorf. Daneben gab es eine Getreidemühle, zwei Ölmühlen und eine Knochenstampfmühle.
Die Einwohnerzahl betrug 230 Köpfe, wovon 19 Juden waren. An Häusern und Einwohnerzahl rangierte Mehren in der Bürgermeisterei Weyerbusch an erster Stelle. Die Statistik weist an Viehbestand nach: 5 Pferde, 1 Bulle, 37 Ochsen, 79 Kühe, 66 Stück Jungvieh‘ 17 Schafe, 9 Ziegen und 58 Schweine.
Am 5. Juni 1847 ist im Gemeinderat entschieden worden, dass Hand- und Spanndienste geleistet werden mussten. Dieser Beschluss erfolgte im Zusammenhang mit dem Bau der Rheinstraße von Weyerbusch nach Neuwied durch den Bürgermeister Fr. W. Raiffeisen.
Für ein Pferdefuhrwerk sind 4, für ein zweispänniges Ochsenfuhrwerk ebenfalls 4 und für ein einspänniges Ochsenfuhrwerk 2 Tage Handdienste angerechnet worden. Mit Kühen bespannte Fahrzeuge wurden nicht angenommen. Man benötigte ja auch Leute für den „Handdienst‘ und da die ,,Kuhbäuerchen“ wohl recht zahlreich waren, passte das ausgezeichnet.
Gemeindevorsteher war dazumal ein Mann namens Zöllner. Dass die Nachkommen der Mihedscher Franken gute preußische Patrioten geworden waren, geht daraus hervor, dass im Monat August 1857 im Gemeinderat, unter Vorsteher Reinhard, einstimmig beschlossen worden ist, zur Errichtung eines Denkmals für Seine Hochselige Majestät König Friedrich Wilhelm III von Preußen“ zwei Thaler aus der Gemeindekasse beizusteuern.
Viele Jahre sind seitdem ins Land gegangen. Zwei verlorene Kriege innerhalb von rd. 30 Jahren haben von manchen Mihedscher Familien Opfer gefordert. In unserem Jahrhundert hat sich vieles verändert. Im Tale der Mihr klappert keine Mühle, und kein Wasserrad dreht sich mehr.
Kein Fuhrmann knallt mehr mit der Peitsche, und kein Echo schallt vom Berg zurück ins Tal. Das und vieles andere gehört unwiderruflich der Vergangenheit an. Auch die Kanzel ist anno 1969 bei der Renovierung der Kirche nicht wieder aufgestellt worden. Der Pastor soll künftig den Mihedscher nicht mehr über die Köpfe hinwegpredigen.